Für jeden ist der Sommer die schönste Jahreszeit. Alle lieben ihn.

Alle?

Von wegen!

Es gibt kaum eine Minderheit, die so sehr verachtet und im günstigsten Falle verhöhnt wird, wie die Sommerhasser. Im Internet finden sich sogar Anregungen, wie man mit solchen Leuten umspringen sollte und sie bekehren könnte.

Für alle Leidensgenossen, denen Sonnenschein und Temperaturen über zwanzig Grad bestenfalls auf die Nerven gehen und schlimmstenfalls absolut unerträglich sind, ist dieses kleine Buch entstanden. Als moralische Unterstützung beim Verabscheuen des Sommers, als Argumentationshilfe gegen dessen dröhnende Anhänger, als Botschaft: Du bist nicht allein!

Weil es höchste Zeit war, einmal festzuhalten, was alles an dieser Jahreszeit so abstoßend ist, daß man nicht anders kann, als sie zu hassen.

Und zwar aus tiefstem Herzen.

 

Inhalt:

Dreckssommer – Eine Einleitung / Wetterberichte / Grelles Licht / Offene Fenster / Kleidung / Fußexhibitionismus / Plastikflaschennuckeln / Schwitzen und Gestank / Busfahren / Radfahrer / Freiluftkino / Biergarten / Picknick / Grillen / Baden / Straßenfeste / Demonstrationen / Reisen / Camping / Lob des Herbstes

 

Zum Beispiel:

Picknick

Heute machen wir einen Ausflug. Mit Picknick. Wir packen Essen, Teller, Besteck, Servietten und was man sonst so braucht zusammen und schleppen es durch die Gegend. Oder zumindest bis zum Auto und von dort bis zu unserem Picknickplatz. Wenn wir Glück haben, ist er nicht nur frei von übermäßig vielen Ameisen, sondern auch von Hundekot. Wir breiten eine Decke aus und setzen uns auf den Boden. Letzteres ist, wenn man über dreißig und/oder nicht völlig fit ist, die Gelenke bereits steif werden und die Bandscheiben lädiert sind, nicht ganz einfach und schon gar nicht bequem. Wir packen das Essen wieder aus und befördern es auf geschmackvolle Papp- oder Plastikteller. Geht es ganz stilgerecht zu, sind auch die Messer und Gabeln aus Kunststoff. Wir müssen – so wir nicht liegen wollen – im Schneidersitz speisen, den schlaffen Teller auf den gekreuzten Unterschenkeln balancierend, gefesselt von dem verzweifelten Versuch, mit dem stumpfen Plastikbesteck etwas zu schneiden und zu stechen und nicht größere Teile des Essens zwischen unsere Beine rutschen zu lassen. Wahlweise können wir auch unsere Beine ausstrecken, dann ruht der Teller auf den Oberschenkeln und das noch nicht verteilte Essen wird veredelt durch das Odeur unserer Füße, welche sich nun in seiner unmittelbaren Nähe befinden. Natürlich haben wir die Schuhe ausgezogen, und so richtige Sommergemüter tragen zu dieser Jahreszeit monatelang keine Strümpfe oder Socken. Auf Grund unserer schlechten Sitzposition wird unser Magen zusammengedrückt. Wir sehen die erste Ameise über unseren Teller krabbeln. Wir versuchen, eine Stelle zu finden, an welcher der Boden so wenig uneben ist, daß ein Becher darauf einigermaßen sicher stehen bleibt. Als sich jemand etwas zu schnell auf der Decke bewegt, wird dadurch eine Flasche umgerissen, deren Inhalt sich über den Stoff ergießt. Ein Ball verfehlt knapp die Schüssel mit dem Kartoffelsalat. Der sich ein Hund gerade bedenklich genähert hatte. Unsere Beine sind mittlerweile sowohl mit Ameisen als auch mit Nudelsalat dekoriert. Wir registrieren, daß das Essen zu Hause deutlich besser ist als solch ein durch die Gegend getragener Imbiß. Unsere Füße schlafen ein. Wir haben keine Ahnung, wie wir uns aus dieser Position jemals wieder erheben sollen, da sich offenkundig eine Bandscheibe auf Wanderschaft begeben hat. Mindestens eine. Wir denken daran, wer’s erfunden hat, und verspüren ungute Sympathien in uns wachsen für einen bösen Propagandaspruch des Ersten Weltkriegs: Gott strafe England.

 

Jan Gympel
Das Sommerhasserbuch
1
04 Seiten mit 20 Zeichnungen von Marcel
ISBN 978 3 940386 20 5

8,90 Euro

Direktbezug: www.herrndorff-verlag.de


 

 

 

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